Anna Wehsarg
Informationen
2000 | Anfang der Arbeit mit Pina Bausch |
Biografie
Anna Wehsarg
wird 1978 in Essen geboren, wo sie 1997 am Gymnasium in Werden ihr Tanzabitur ablegt. Danach macht sie von 1997-99 eine Ausbildung zur Bühnentänzerin an Maurice Béjarts Ecole Atelier Rudra in Lausanne/Schweiz, wo sie bereits Auftritte in Béjarts Sacre du printemps absolviert. Von 1999 bis 2000 engagiert er sie an seine Compagnie Groupe 13 und sie tanz bei Gastspielen in Argentinien, Brasilien, Uruguay, Belgien, der Schweiz, Deutschland und Frankreich. Nichts wünscht sie sich in dieser Zeit sehnlicher, als in das Béjart Ballet Lausanne übernommen zu werden. Doch es ist der Altmeister der Choreographie selbst, der ihr davon abrät und ihr empfiehlt, eher mit Pina Bausch oder Maguy Marin zu arbeiten, wo sie ihre Kreativität besser einbringen könne.
Aufbruch zu neuen Ufern
Zurück in ihrer Heimatstadt Essen hört sie, dass Pina Bausch tatsächlich gerade eine große Tänzerin wie sie sucht. Sie nimmt an der Audition teil und die Wuppertaler Prinzipalin bittet sie, eine Weile mit ihr zu arbeiten. Nach einigen Wochen engagiert sie Anna Wehsarg als festes Ensemblemitglied, das sie bis 2018 bleiben wird. Die Arbeitsweise ist für sie zunächst ungewohnt, doch sie ist beeindruckt von der Konzentration und Präzision sowie der absoluten Hingabe ihrer Kolleginnen und Kollegen. Anfangs versucht sie noch, ihre Größe zu verstecken, vermeidet nach Möglichkeit das Tragen von Stöckelschuhen. Doch spätestens, als Pina Bausch sie für die Wiederaufnahme von Viktor besetzt und ihr einen um zwei Köpfe kleineren Tanzpartner zuordnet, wird deutlich, dass die Choreographin jedes ihrer Ensemblemitglieder genauso haben möchte wie sie sind. Sie sucht kein einheitliches Gardemaß, sondern eine größtmögliche Vielfalt, denn wahre Begegnung und Nähe wird erst möglich, wenn man die Eigenart eines jeden Menschen erkennt und anerkennt. Im Laufe der Jahre tanzt Anna Wehsarg in nicht weniger als 21 Stücken und wirkt an der Entstehung von Água, Nefés, Rough Cut, Bamboo Blues und … como el musguito en la piedra, ay sí, sí, sí… mit. 2011 tanzt sie in Wim Wenders Film Pina - tanzt, tanzt sonst sind wir verloren. Daneben wirkt sie in Produktionen der freien Szene mit, choreographiert auch selbst.
Eine Zukunft jenseits der Bühne
Bereits seit 2008 gibt sie Tanz-Workshops im In- und Ausland. Von 2011-14 absolviert sie ein zertifiziertes Fernstudium zur Heilpraktikerin, macht Lehrgänge in Massage und Phytotherapie. Ab 2013 lässt sie sich zur Yogalehrerin nach Krishnamacharya ausbilden und entwickelt das Workshop-Format Tanzen mit Tänzern des Tanztheaters für die Jubiläumsspielzeit PINA 40. 2015 erwirbt sie das französische Staatsdiplom in Tanzpädagogik am Centre National de la Danse in Paris. Ein Jahr später kommt ihre Tochter zur Welt. Als sie 2018 das Tanztheater verlässt, ist sie für eine freiberufliche Laufbahn bestens gerüstet. Sie arbeitet als freischaffende Tänzerin, Tanzvermittlerin, Choreographin und Textilkünstlerin, unterrichtet Bewegung im inklusiven Schauspielstudio Wuppertal, bei tanzcHor60+ und das Ensemble Tanzgebiet. Was sie aus der Arbeit mit Pina Bausch vor allem mitgenommen hat, ist die Aufmerksamkeit und Liebe für die Unterschiedlichkeit und die Besonderheit von Menschen. Dies hat nicht zuletzt auch das eigene Selbstbewusstsein gestärkt.
Text: Norbert Servos
Galerie
Mélanie Maurin und Anna Wehsarg in „Água“ von Pina Bausch
Foto: Ulli Weiss © Pina Bausch Foundation