Jean Laurent Sasportes
Jean Laurent Sasportes ist von 1979 bis 1996 Tänzer im Tanztheater Wuppertal. Er ist an der Entstehung von 10 Stücken von Pina Bausch beteiligt. Er übernimmt auch Rollen in weiteren Stücken. Später tanzt er immer wieder als Gast beim Tanztheater.
Informationen
1979 bis 1996 | Mitglied im Tanztheater Wuppertal Pina Bausch |
Biografie
Jean Laurent Sasportes
wird 1952 in Casablanca/Marokko geboren. Ab 1970 studiert er zunächst Mathematik, Physik und Philosophie in Marseille, doch etwas fehlt ihm. Durch Zufall lernt er in Montpellier die Jazztanz-Lehrerin Anne-Marie Porras kennen. Sie lädt ihn ein, bei den Proben ihrer kleinen Kompanie zuzusehen. Als er kommt, fühlt er sich gleich in seinem Element, macht bei den Proben mit, lernt eine Choreografie, in der er schon bald während einer Tournee auf der Bühne steht. In der Folge bricht er 1975 die Universitätslaufbahn ab und beginnt in Montpellier eine Tanzausbildung bei Porras sowie bei Lise Pinet und Jörg Lanner, zwei Ex-Tänzer:innen von Maurice Béjart. Zwei Jahre später setzt er die Ausbildung bei Peter Goss in Paris fort. Sein erstes Engagement führt ihn für ein halbes Jahr zu Birgitta Trommler nach München.
Holpriger Auftakt
Von einem Freund hört er, dass Pina Bausch in Wuppertal Tänzer sucht. Obwohl er weder die Choreografin noch ihre Arbeit kennt, bewirbt er sich. Der Auftakt ist denkbar ungünstig. Vor lauter Aufregung bekommt Sasportes Zahnschmerzen, kann an Training und Proben kaum teilnehmen. Pina Bausch vertagt eine Entscheidung für die Zeit nach einem Paris-Gastspiel, vorausgesetzt, sie findet bei der dortigen Audition niemanden. Er hat Glück: Ab 1979 gehört er zum Ensemble des Tanztheaters. Er lernt das Repertoire, übernimmt die Rolle von Rolf Borzik in Café Müller, tanzt Das Frühlingsopfer und Kontakthof. Er begreift, was es heißt, präsent zu sein, ohne sich übermäßig in Szene zu setzen. Keuschheitslegende und 1980 sind die ersten Neuproduktionen, an deren Entstehung er mitwirkt. Pina Bauschs Arbeitsweise, Fragen zu stellen, versteht er als kreative Herausforderung. Dabei geht es nicht um Improvisation, sondern eher um Komposition. „Eigentlich“, sagt Sasportes, „macht man die Tür seines Herzens auf.“ Man muss die Natur der Gefühle verstehen; nur so erschließt sich die innere Logik der Stücke.
Eine prägende Figur
Mit den Jahren entwickelt sich Sasportes zu einer markanten Figur des Tanztheaters, die bis 1996 in fast allen neuen Stücken auftritt. Er kann den brillanten tumben Tor ebenso geben wie den unerschütterlichen Stoiker oder ein unbefangenes Kind. Gern verkörpert er irrlichternde Typen, die wie ein Störfall in die Stücke einbrechen und die Zusammenhänge planvoll durcheinander bringen.
1996 verlässt er die Kompanie, tritt aber weiterhin als Gast in Café Müller, 1980, Bandoneon, Viktor, Palermo Palermo, Ahnen, Nelken und Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehört auf. Außerdem arbeitet er als freier Tänzer, Schauspieler, Lehrer und Choreograf. Bekannt sind seine eigenen structured improvisations, besonders durch die Zusammenarbeit mit Musikern wie u.a. Peter Kowald und Hans Reichel. International unterrichtet er Modern Dance, Kinomichi und sein Körpertraining Jansannotaiso. Er ist Gründer und Künstlerischer Leiter der Tanztheater-Kompanie CafeAda und entwickelt das Ikonoclaste Tanzfestival, das in den Jahren 2005-2008 in Wuppertal stattfindet. Auf Initiative von Stephanie Roos arbeitet er 2015 mit autistischen Menschen und entwickelt 2016 das Tanztheater-Stück Mein Schloss. Ein Stück über Autismus. 2018 beginnt er eine Zusammenarbeit mit der Mathematik-Professorin Barbara Rüdiger-Mastandrea und dem Video-Künstler Ralf Silberkuhl, aus der das Stück Am Anfang war das Chaos hervorgeht, das auf den Theorien zur Thermodynamik von Ludwig Boltzmann basiert.
Text: Norbert Servos
Galerie
Foto: Monika Rittershaus