Matthias Burkert
Matthias Burkert arbeitet ab 1979 mit Pina Bausch zusammen. Er ist wichtiger Berater in Fragen rund um die Musik in ihren Stücken. Ab 1995 arbeitet er dabei auch mit Andreas Eisenschneider zusammen.
Informationen
Seit 1979 | Musikalischer Mitarbeiter des Tanztheater Wuppertal (seit 1995 gemeinsam mit Andreas Eisenschneider) |
2022 | stirbt in Wuppertal |
Biografie
Matthias Burkert
wird 1953 in Duisburg geboren und erhält bereits ab dem Alter von sechs Jahren Klavierunterricht. 1974 beginnt er am Wuppertaler Ableger der Kölner Musik-Hochschule ein Klavierstudium mit Trompete und Gesang als Nebenfächern. Es ist vor allem der ganzheitliche klavierdidaktische Ansatz von Prof. Harald Bojé, bei dem er im Schwerpunkt zeitgenössische Musik studiert, der ihm entgegen kommt. Matthias Burkert hat ein natürliches, unbefangenes Verhältnis zu Instrumenten; von früh auf ist die Improvisation, nicht nur auf dem Klavier, seine große Leidenschaft. Spielerisch und experimentell offen ist sein Zugang zur Musik.
Ein Allround-Talent
1975 sieht er zum ersten Mal in Wuppertal ein Stück von Pina Bausch. Es ist ihre Version von Igor Strawinskys Le Sacre du printemps. Zwar hat Burkert zum Ballett keine Beziehung, aber die unmittelbare Menschlichkeit von Pina Bauschs zeitgenössischer Tanzsprache beeindruckt ihn tief. Nach Abschluss seines Studiums nimmt er 1978 das Angebot eines Lehrauftrages für Klavierdidaktik seiner Hochschule an. Bereits seit 1976 ist er Musikalischer Leiter des Theaters für Kinder und Jugendliche in Wuppertal – eine Position, die er bis 2001 beibehält. Daneben hat er eigene Klavierschüler:innen. 1979 engagiert ihn Pina Bausch zunächst als Repetitor für das tägliche Training. Doch rasch verändert sich sein Aufgabengebiet. Die Choreografin, die gerade dabei ist, den Tanz nicht nur inhaltlich und choreografisch, sondern auch musikalisch neu zu bestimmen, braucht Unterstützung bei der Musikrecherche, musikdramaturgischen Fragen sowie der Entwicklung von Spannungsbögen. Das ist zu dieser Zeit tontechnisch noch mühsam. Auch das Auffinden ungewöhnlicher Musik ist schwierig. Burkert durchforstet die Schallplattenläden in Wuppertal und Umgebung, kontaktiert Rundfunkarchive und Privatsammler:innen. Manchmal laufen während der Vorstellungen bis zu vier Tonbandgeräte parallel, um schnelle Wechsel zu ermöglichen.
Versuch und Irrtum
Bandoneon ist 1980 die erste Zusammenarbeit Burkerts mit Pina Bausch. Sie hat von einer Südamerika-Tournee eine Fülle von Material mitgebracht, das aufbereitet werden muss. Wenn nötig komponiert Burkert auch eigene Stücke. Die ausgedehnten Reisen des Ensembles und die sich daraus ergebenden Koproduktionen verändern die musikalische Arbeit. Bei den Recherchen vor Ort eröffnen sich jedes Mal neue musikalische Horizonte. Dabei geht es um das Kunststück, die musikalische Seele eines Landes anklingen zu lassen, ohne folkloristisch zu werden.
Fast immer entstehen die Tänze und Szenen unabhängig von der Musik, die erst später hinzukommt. Auch hier gilt, wie generell im Tanztheater ein beharrliches Verfahren von Versuch und Irrtum. Oft bittet Pina Bausch Burkert, alle Probenmusiken noch einmal radikal gegen neue auszutauschen. Manches bewährt sich dabei, in anderen Momenten ergibt sich jedoch eine völlig neue Sichtweise.
Matthias Burkert begleitet den Probenprozess von Anfang an, sammelt Musiken, ordnet sie nach Charakter und Atmosphäre oder denkt dabei an einzelne Tänzer:innen. Immer wieder integriert Pina Bausch ihn auch mit musikalischen Auftritten in ihre Stücke und reguliert gemeinsam mit ihm die musikalische Temperatur der laufenden Aufführung.
1995 erweitert Andreas Eisenschneider das Team. Die beiden ergänzen sich als eingespieltes Team in der Verantwortung für die Musik. In Wim Wenders’ Film Pina zeichnen sie beide für die Musikalische Leitung verantwortlich.
Am 27. Oktober 2022 stirbt Matthias Burkert in Wuppertal.
Text: Norbert Servos
Galerie
Foto: Ulli Weiss © Pina Bausch Foundation
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