Nazareth Panadero
Nazareth Panadero ist von 1979 bis 2021 Tänzerin im Tanztheater Wuppertal. Sie entwickelt 19 Stücke von Pina Bausch mit. Heute arbeitet sie als Gast für das Tanztheater.
Informationen
1979 bis 2021 | Mitglied des Tanztheater Wuppertal |
Biografie
Nazareth Panadero
wird 1955 in Madrid geboren, wo sie am Real Conservatorio bei Ana Lázaro und daneben bei Juliette Durand sowie in Zaragoza bei Maria de Ávila ihre Tanzausbildung absolviert. Von 1976 bis 78 tanzt sie im Ballet Théâtre Contemporain d'Angers, wo sie auch mit zeitgenössischen amerikanischen Choreografen arbeitet. Sie geht nach Paris, um im Studio von Peter Goss zusätzlich zu ihrer Ausbildung in klassischem Ballett auch Modern Dance zu studieren. Hier entdeckt sie Brigitte Real, die sie an ihr Ballet de Poche engagiert. 1979 sieht sie gemeinsam mit ihrem damaligen Freund und späteren Ehemann Janusz Subicz bei einem Paris-Gastspiel des Tanztheaters Pina Bauschs Blaubart. Beim Anhören einer Tonbandaufnahme von Béla Bartóks Oper ‚Herzog Blaubarts Burg‘. Es ist ihre erste Begegnung mit dem Tanztheater und sie sind beeindruckt sowohl von der neuartigen Form als auch von der emotionalen Wucht des Stückes. Mehr aus Neugierde als dass sie sich Chancen auf ein Engagement ausrechnen, gehen beide zu einer Audition des Tanztheaters. Sie wollen die Künstlerin aus der Nähe kennenlernen. Wider Erwarten engagiert Pina Bausch sowohl Panadero als auch Subicz, obwohl sie nicht weiß, dass beide ein Paar sind.
Mensch und Kunstfigur
Der Auftakt im persönlichkeitsstarken Ensemble in Wuppertal beginnt mit neuen Herausforderungen, u.a. durch Pina Bauschs Arbeitsweise, ihren Tänzer:innen Fragen zu stellen. Doch schnell findet sie sich in die ihr neue Methode ein. Gemeinsam entwickeln Pina Bausch und Nazareth Panadero eine Kunstfigur, die ab 1979 viele Stücke prägt. Es ist die Spanierin mit dem rollenden R und einem hart prononcierten, etwas sperrigen Deutsch, die Witze erzählt, Anekdoten von der Großmutter heraufbeschwört oder mit Stentorstimme Kalauer verkündet. Sie verkörpert ein Klischee und zeigt doch im gleichen Moment, dass es bloß ein Abziehbild ist. Gleichwohl lässt Panadero jederzeit den Menschen dahinter durchscheinen. Ihre Kunstfigur hat viele Facetten: Sie kann die gereizte, manchmal hysterische Diva geben und dann wieder die schutzbedürftige Kindfrau. Sie kann keifen oder säuseln, genervt schnarren oder hintergründig raunen. Ihr Humor ist lakonisch und gerade deshalb auf dem Punkt. Dabei streift er keineswegs nur die Oberfläche. "Guter Humor muss eine traurige oder bittere Seite haben, sonst hat er keine Tiefe", sagt Nazareth Panadero. Mit Pina Bausch kann sie viele unterschiedliche Seiten ihrer Persönlichkeit erkunden – auch jene, die sie, die sich selbst als schüchtern bezeichnet, privat nicht auslebt. Diese Möglichkeit, Neues zu entdecken, hält sie über die Jahrzehnte in Wuppertal. Sie wirkt bei der Entstehung von insgesamt 19 Produktionen mit, von Keuschheitslegende (1979) bis 'Sweet Mambo' (2008) und gibt ihnen eine unverwechselbare Farbe, die sich tief im Gedächtnis der Zuschauer:innen eingräbt.
Inzwischen gibt sie ihre Rollen an jüngere Tänzerinnen weiter. Immer wieder realisiert sie auch eigene Choreografien wie etwa das Stück Nanna quiere bailar, 1987 gemeinsam mit Janusz Subicz für das Festival Internacional de Teatro en Granada, sowie mehrere Duette mit Michael Strecker. Als Mitglied des Tanztheaters arbeitet sie an neuen Stücken mit Tim Etchells, Alan Lucien Øyen, Richard Siegal und Jonathan Glazer. Mit Jun Miyake nimmt sie den Song „Los Días Largos“ für Lost Memory Theatre - act 3 auf.
Mehrfach wird sie mit Preisen ausgezeichnet: Im Jahr 2000 erhält sie den Premio Andorra, 2014 den spanischen Premio Nacional de Danza und 2019 die Medalla de Oro por el mérito en Bellas Artes.
Text: Norbert Servos
Galerie
Foto: Uwe Schinkel