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Bühnenbild

Für den Schauspieler/ Sänger/ Tänzer schaffe ich mit meinem Bühnenbild physische und optische Bedingungen. Ein Bühnenbild soll nie allein glänzen, sondern nur durch den Schauspieler.

Meine Bilder sind spannend, verspielt, hart, wuchtig, schön, hässlich, - niemals aber haben sie eine eigene Bedeutung. Ich bin nicht daran interessiert, daß jemand sagt: Toll, was für ein Bühnenbild der Pabst da gemacht hat! Es soll eine Welt schaffen, die es dem Schauspieler/Tänzer ermöglicht, seine Geschichte optimal zu erzählen.

Am liebsten arbeite ich mit ebenso anstrengenden Leuten.

Ich versuche, ständig neue Wege zu gehen.

Pina

Das Zusammentreffen und die Arbeit mit Pina Bausch war für mich ein großer Glücksfall, denn hier konnte ich Bühnen mit großer Freiheit machen wie sonst nirgends.

Es ist ein Geschenk, jemanden zu treffen, mit dem es über so lange Zeit geht, und es geht immer noch weiter. Es ist immer wieder eine offene Unternehmung, es gibt kein System oder Modell, nach dem wir arbeiten, es entsteht einfach.

Peter Zadek hat mir beigebracht, neugierig zu sein, die Schauspieler zu lieben und vor allem als Team zu arbeiten: Alles auf einem hohen, ernsthaften und unerbittlichen Qualitätsstand - damals sehr anstrengend, aber lehrreich.

Arbeitsprozess

Wenn man davon ausgeht, dass das Bühnenbild nicht einfach etwas Schönes sein soll, das da auf der Bühne steht, sondern so etwas wie eine ästhetische und räumliche Bedingung für das erst entstehende Stück, dann heißt das, dass man sehr lange im Dunkel schwebt. Wenn das Bühnenbild nur schön sein müsste, könnte ich mich unabhängig machen. Drei Wände schön anmalen, das kann ich auch unabhängig von den Proben.

Ich mache das, was ein guter Architekt auch macht: Immer wieder mit den Technikern und Handwerkern reden, fragen, was machbar ist und Meinungen oder Lösungsvorschläge anderer aufnehmen. Sonst würde ich ein unglaublich großes Potential brachliegen lassen. Theaterwerkstätten können sehr stur werden, aber wenn man gut mit ihnen zusammenarbeitet, auch Wunder vollbringen.

Wenn ich eine Idee entwickle, mein Modell baue, denke ich es sofort mit Licht, also nicht erst den Raum dann Lichteffekt, sondern nur zusammen.

Es ist immer eine Suche.

Es bleibt immer die Angst, es nicht zu können.

Dieses Netzlose, dieses Haltlose bedeutet auch eine ungeheure Freiheit.

Die Bodenlosigkeit ist eine Qual, aber auch ein großes Glück.

Dass man sich nicht an die Leine des ersten Einfalls hängt, sondern die Kraft aufbringt, sich weiter unsicher zu halten und weiter zu schwimmen – das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Ich habe auch nie darunter gelitten, wenn das Budget knapp war: Es hat mich gezwungen, noch mehr nachzudenken und erfinderisch zu sein. Ich kann mit diesem Druck gut leben.

Bühnenbilder sind zum Schauen da , was soll ich darüber reden?

Wann der erlösende Einfall kommt, ist nicht steuerbar.

Quellen der Inspiration

Das Sich-offen-halten geht, glaube ich, gar nicht über Quellen. Da braucht man keine Hilfsmittel, weil man oft nicht weiß, wonach man sucht. Ich weiß aber, dass ich etwas brauche. Das Offenhalten ist eher ein Prozess, den man mit sich selber abmacht. Wenn plötzlich Bilder auf mich einstürmen, in welcher Form auch immer, in Form von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Filmen oder durch Augenblicke, die vor meiner Nase passieren, dann erleichtert es diesen Prozess. Wenn ich etwas sehe, wo ich sage, Moment, das könnte auch so sein, dann reißt es alle Tore wieder auf.

Ich sehe alles immer unter dem Aspekt, was macht dies mit dem, was auf der Bühne geschieht. Manchmal habe ich die Wirkung gewusst und manchmal hat es sich einfach eingestellt. Das gehört zu der Offenheit dazu. Das Glück der Neugierde ist eigentlich, dass sich Dinge einstellen, von denen wir vorher nichts wussten. Dass man Dinge erlebt, an die man gar nicht gedacht hat, dies aber mit Freude zur Kenntnis nimmt.

So etwas habe ich gerne.

Natur und Kunst

Natur verhält sich sehr spröde zu dem Kunstraum Bühne. Darin liegt ja eine große Spannung. Natur ist immer auch etwas Unverbrauchtes. Natur kann ich, so wie sie ist, gar nicht nehmen und auf die Bühne stellen. Damit muss ich zwangsläufig etwas machen. In ihrer Unverbrauchtheit ist sie ein wichtiger Faktor von Befruchtung.

Natur wird für mich immer wichtiger, eine Sehnsucht, die wächst. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass ich ein größeres Verstehen für Natur entwickele, je älter ich werde. Ich werde nicht klüger, aber ich sammle Erfahrungen.

Ich muss bei meinen Bühnenbildern eine eigene künstlerische Form finden. Da bieten sich Naturmaterialien an, weil sie wunderbare Formen im Sinne der Biologie haben. Und sie sind widerspenstig, weil sie ja erstmal nicht ins Theater gehören, in so einen Kunstraum. Wasser gehört auch nicht ins Theater und macht große Schwierigkeiten. Naturmaterialien passen gut zum Tanztheater, weil sie warm sind, sinnlich.

Es gibt nichts, was weniger Kunst wäre als Natur. Was schon Kunst geworden ist und seine Form gefunden hat, ist als Material für mich uninteressant. Interessant ist, was noch nicht Kunst ist. Natur hat eine Vielfältigkeit, die sich nie verschleißt.

Video

Mich interessiert nicht die Technik, mich interessiert, ob die Bilder stark sind und was sie mit den Tänzern und mit dem Raum machen.

Ich muss auch immer sehen, dass es den Tänzern nicht die Freiheit nimmt. Es wäre idiotisch, wenn der Film wie ein Korsett für die Tänzer wäre. Er soll Reichtum bringen, keine Einengung.

Stücke

Normalerweise mischen wir unsere ästhetische Erfahrung, die wir im Leben gemacht haben, immer wieder neu - wie ein Kartenspiel. Hier in Wuppertal gibt es aber Sachen, die hat man nicht hier und da gesehen, deshalb weiß man auch nicht, wie sie gehen. Ob das jetzt diese Mauer aus Palermo Palermo war, wo der Vorhang aufgeht und es geschieht so etwas wie ein Erdbeben, die Mauer fällt um und es stellt sich heraus, das ist eine wirkliche Mauer. Oder ich hatte die Idee, es wäre schön für die Tänzer, einen sich bewegenden Boden zu haben. Das wurde dann eine schwimmende Insel, bewegt durch die Bewegungen der Tänzer, die darauf tanzten.

Beim Fensterputzer war mir schon klar, dass es überhaupt keinen Sinn hat, nur so einen Berg dahin zu stellen, sondern dass dies ein Spielzeug für die Tänzer werden müsste, das sich auch bewegen kann.

Bei Masurca Fogo habe ich das erste Mal richtig mit Videos angefangen. Da war das Bild ein fast klaustrophobischer Raum, an allen Seiten zu, nur ein Eingang rechts hinten und ansonsten sah es so aus, als ob Lava nach einem Vulkanausbruch herein geflossen und erkaltet war. Als ich probierte, Videos in diesen geschlossenen Raum zu projizieren, öffnete sich der zu manchmal endloser Weite und manchmal zu wellenumtosten Felslandschaften. Das war gar nicht geplant. Die Neugier ersetzt viel Planung.

Ausstellungen

Ich wollte diese „Weltentwürfe“, die für die Tänzer als Heimat erdacht und für die Zuschauer nur zum Angucken bestimmt waren, herauslösen aus dem Bühnenraum, sie für die Besucher begehbar und spürbar und dadurch erlebbar zu machen - und verspielter. Denn der Besucher muss nichts können, er darf einfach nur fühlen und spüren. Besonders unter den Füß en.

Arbeit in Grenzregionen

Theater zu machen ist ein komplexer Vorgang. Ein Kunstwerk für einen Theaterabend kommt nur durch das kreative Zusammenspiel aller zu Stande.
Oft machen die Bühnenbilder den Unterschied zwischen dem Niemandsland, dem neutralen Terrain und dem einzig möglichen Stil.
Grenzen, auch zeitliche, haben etwas Gutes. Denn je mehr Zeit ich habe, desto komplizierter werde ich. Grenzen zwingen zu Genauigkeit.

Ich verabschiede mich leicht, bin ein absoluter Wegschmeißer.

Trotz Grenzen: Man muss Bilder verschwenden können. Kunst muss großzügig sein.


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