Meryl Tankard: Am liebsten würde er mich anzünden, sagte er
Tänzerin Meryl Tankard erinnert sich an den Bühnen- und Kostümbildner Rolf Borzik
Ich fühlte mich Rolf wirklich nah. Mit Rolf konnte ich so gut reden. Als Rolf starb, war ich am Boden zerstört. Ohne ihn war nichts mehr wie vorher. Ich habe es geliebt, mit Rolf in den Fundus zu gehen und nach Kostümen zu suchen. Ich weiß noch, wie er mal zu mir in die Wohnung kam, um meine Waschmaschine zu reparieren. Damals erinnerte er mich an meinen Vater, so kreativ und so praktisch veranlagt. Und ich werde nie vergessen, wie er während der Proben zu Keuschheitslegende gesagt hat, am liebsten würde er mich anzünden und ins Publikum schicken, und wir überlegten, wie wir das machen könnten! … Dann am Abend, als ich in dem jugoslawischen Restaurant wie immer meinen Eisbecher mit flambierten heißen Kirschen bestellte, schüttete der Kellner versehentlich Flambieralkohol auf meinen Ärmel und mein Arm brannte lichterloh!! Zum Glück trug ich einen alten Strickpulli meines Vaters und bekam keine Verbrennungen ... Wie durch Zauberei! ... Wir waren alle so traurig, als Rolf starb. ... Wir glaubten, ohne ihn könnten wir nie wieder ein Stück machen ... aber irgendwie mussten wir Pina die Kraft für ein schönes Stück als Hommage an Rolf geben. Für Rolf ... irgendwie verlor ich meine Angst und Scheu, merkte ich ... und irgendeine Kraft leitete mich ... ich wollte für ihn eine schöne Landschaft erschaffen ... grüne Hügel und Täler mit Bäumen und Bächen und Flüssen ... eine perfekte Landschaft ... Irgendwie kam eine innere Kraft zurück ... und wir entwickelten für Rolf 1980 ... Danach war nichts mehr wie vorher.
Meryl Tankard
Aus Rolf Borzik und das Tanztheater, veröffentlicht vom Tanztheater Wuppertal Pina Bausch anlässlich des 20. Todestages von Rolf Borzik im Jahr 2000
Übersetzt aus dem Englischen von Andreas Jandl